Splicer-Viertel

"Anscheinend. Die Jedi-Ausbildung ist an mir nicht so spurlos vorbeigegangen, wie ich gedacht habe. Leute zu töten ist eine Sache, mit der ich kein Problem habe, aber sie versklaven und wie Dreck behandeln... Nein, das bringt mich zum Kotzen! Leiber sterbe ich, als mich von irgendeinem Drecksack schlecht behandeln und ausnutzen zu lassen oder dabei zuzusehen, wie es anderen passiert."

Das war die falsche Antwort. "Jedi? Und das soll mich überzeugen?", flammten Zaeemas alte Vorurteile wieder auf.

"Kann auch sein, dass ich doch nicht kein so schlechter Mensch bin, wie ich vorher immer gedacht habe. Hör mal, ich kann dich nicht dazu zwingen, mir zu glauben, aber glaubst du ernsthaft, ich wäre zu dir gekommen, um dich zu belügen? Was hätte ich denn davon? Ich hätte auch einfach weitergehen können. Aus Angst werde ich dich sicher nicht anlügen. Dafür interessiert mich mein eigenes Leben viel zu wenig. Erschieß mich ruhig, wenn du mir nicht glaubst. Dann muss ich zumindest nicht dauernd fälschlich als Sklavenhändler bezeichnet werden."

Die Tirade die ihr entgegengehalten wurde machte Zaeema bewußt, wie sinnlos ihre Privatvendetta die gerade stattfand eigentlich war. "Schon verdächtig, wen du genau dort auftauchst, wo ich gerade bin", konnte sie ihre übliche Paranoia trotzdem nicht ablegen, aber ihr - ohnehin für sie ungewöhnlicher - Gefühlsausbruch war nun unter Kontrolle.

"He. Das gleiche habe ich mir auch gedacht. Ich hab' schon gemeint, du wärst mir nachgegangen, um mich nochmal anzugreifen. Ich für meinen Teil bin völlig ziellos herumgegangen. Dass ich ausgerechnet hier aufgetaucht bin, ist keine Absicht gewesen, glaub mir." meinte Kerros wahrheitsgemäß. Sein Gegenüber schien sich beruhigt zu haben und bereit für ein richtiges Gespräch zu sein.

Der Fahne nach zu urteilen, die von Raptores aufstieg, war diese Geschichte vielleicht sogar wahr. "Und was hast du jetzt als nächstes vor?" Oder eine sehr geschickt eingefädelte Lüge...

"Keine Ahnung. Bei mir passiert alles ziemlich spontan. Wahrscheinlich erstmal noch was trinken, dann zum Raumschiffverleih zurückgehen, dann wieder was trinken und dann vielleicht ein paar Sklavenhändler suchen, verprügeln und dann umlegen. Nicht unbedingt in der Reihenfolge. Kannst gerne mitkommen. Aber ich bin für Vorschläge offen, wenn dir was Besseres einfällt. Ich hättte jetzt wirklich Lust, ein paar Sklavenhändler umzulegen."

Langsam glaubte Zaeema dem Mann sogar, dass er es ernst meinte, aber... "Solltest du für sowas nicht besser nüchtern sein?"

"Nüchtern? Ahhh, lieber nicht. Wenn ich nüchtern bin, denke ich immer über unangenehme Dinge nach, die ich am liebsten vergessen würde, und die lassen mich im Kampf in blinde Raserei verfallen. Endet damit, dass die Leichen verstümmelt sind, ich auf alle in der Nähe schieße und ich schwer verletzt werde, weil ich nicht aufpasse. Mit den verstümmelten Leichen von Sklavenhändlern habe ich kein Problem, die anderen beiden Dinge stellen schon eher ein Problem da. Ich sollte erst wieder völlig nüchtern sein, wenn ich meine Probleme gelöst habe - und das kann dauern."

Zaeema sah den Mann nur schweigend an. Sie war ja an und für sich nicht so begeistert von Seelenklempnern, aber...

Die Art, wie Zaeema ihn ansah, war Kerros irgendwie unangenehm. Vielleicht hatte er etwas zu viel gesagt. Der Söldner versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen und räusperte sich.
"Bist du dabei? Zumindest beim Sklavenhändler jagen, meine ich." sagte er, um schnell das Thema zu wechseln.

"Springt dabei für mich auch was raus? Oder hast du wenn bestimmten im Auge?" Wohltätigkeitsarbeit - die ohnehin nicht so ihre Sache war - hatte Zaeema in letzter Zeit wahrlich genug betrieben.

"Ich dachte, du hast Sklavenjäger und andere ihresgleichen. Hm, ich hatte da tatsächlich jemand bestimmtes im Auge. Die Sklavenhändler, für die ich gearbeitet habe und die ich getötet habe, haben für eine gewisse Miss Karatts gearbeitet. Ganz zufällig habe ich die Koordinaten eines Verstecks, in dem sie sich anscheinend öfter aufhält. Hier auf dem Nar. Da liegen bestimmt einige Credits rum, die nur darauf warten, der Leiche dieser Sklavenhändlerin aus den kalten, toten Händen entrissen zu werden. Und ich könnte dich danach auf ein paar ordentliche Siegerdrinks einladen."

Das klang schon besser - Karatts aus dem Weg zu räumen, die nach den jüngsten Entwicklungen ohnehin danach trachten dürfte, Zaeema mehr als nur ein paar Steine in den Weg zu legen war aus mehreren Gründen eine gute Idee. Und wenn sie es geschickt anstellte, konnte sie es vielleicht sogar noch Karn in Rechnung stellen. Allerdings würde sie aufpassen müssen, dass keiner sie mit dem Anschlag in Verbindung brachte - und sie war, seit sie auf dem Nar angekommen war, nicht gerade unauffällig unterwegs gewesen. Aber trotzdem...

"Sprich weiter..." Sie konnte immer noch später aussteigen wenn ihr nicht gefiel was sie hörte.

"Ich weiß, dass die Sicherheitsmaßnahmen dort minimal sind, um wenig Aufmerksamkeit auf das Versteck zu ziehen. Und dreimal darfst du raten, wer die Codes hat, um Kameras und andere Sicherheitsmaßnahmen auszuschalten, wodurch nur noch die Wachen und Karatts selbst übrig bleiben."

"Und wie bist du an diese Codes gekommen?", fragte Zaeema nach, die langsam misstrauisch wurde. Nach dem was sie von der Frau gehört hatte, war es ganz wie Karatts, sie über eine derartige Falle zu ködern.

"Hehehe. Überzeugungsarbeit." meinte Kerros leise lachend und hielt Zaeema ein Datenpad hin.
"Hab' ich nem Sklavenhändler 'abgekauft'. Als Gegenleistung hab' ich damit aufgehört, ihm die Finger auszureißen und ihm den Gnadenstoß gegeben - war aber nicht tödlich, ich wollte ihn noch leiden lassen. Wenn sie die Codes noch nicht aktualisiert haben, sind das die richtigen." erklärte der Söldner.

Ah, also kein Verräter, nur ein Psychopath... Was es zwar wahrscheinlicher machte, dass die Information sauber war, aber die gesamte Operation gefährlicher. Auf keinen Fall sollte sie zusammen mit ihm gesehen werden. "Was darauf ankommen wird, wann Karatts das nächste Mal kommt..." Und der Sklavenhändler, den Kerros befragt hatte, mußte endgültig verschwinden - solche losen Enden konnten einen den Kragen kosten.

"Vorrausgesetzt diese Schwachköpfe sind schlauer als sie aussehen, ja. Wir könnten uns die Gegend dort mal ansehen und vielleicht heimlich ein paar Kameras anbringen. Vielleicht schaffen wir es sogar, uns unbemerkt in ihr Sicherheitsnetz reinzuhacken. Dann können die ihre Codes ändern, so oft sie wollen, und wir bekommen mit, wann Karatts dort ist. Aber ich hätte auch kein Problem damit, eine Bombe ins Versteck zu bringen und die hochgehen zu lassen, wenn Karatts das nächste Mal auftaucht. Man sieht's mir vielleicht nicht an, aber ich kann so ein Ding zusammenbauen. Deine Entscheidnug. Noch interessiert?"

"Ich glaube, du unterschätzt Karatts." Eine Untertreibung. "Es gibt einen Grund, warum sie so hoch aufgestiegen ist. Aber den Code als Ausgangspunk zu nehmen, ihr System zu hacken - das hat Potential."

"Woher kennst du Karatts eigentlich? Hattest du schonmal mit ihr zu tun?'

"Wir hatten mal... geschäftlichen Kontakt." So, dass soll er verstehen wie er will. "Sie ist wohl im Moment nicht so gut auf mich zu sprechen." Etwas, was ich noch mit Jonos besprechen muß.

"Verstehe. Das hat nicht zufällig etwas damit zu tun, dass du Sklavenhändler so hasst, oder?"

"In diesem Fall - überraschenerweise eher nicht", merkte Zaeema an. Wohl eher damit, dass Cara einen schlechten Tag hatte.

Sie sah sich kurz um. "Wenn wir weiter über dieses Thema reden, sollten wir weniger verdächig in der Gegend herumstehen", stellte sie fest. "Was ist deine ComLink-Frequenz?"

Kerros gab Zaeema seine Comlink-Frequenz.
"Wir könnten in eine Bar gehen, wenn du das für weniger verdächtig hälst." meinte er achselzuckend.